Eine Geschichte lebt von Konflikten. Je mehr Konflikte, desto spannender die Geschichte. Erschrocken reißen die Schreibanfänger die Augen auf. „Aber mir gefallen doch gerade die harmonischen Geschichten,“ werfen sie ein. „Solche, in denen man sich rundum wohlfühlt und in denen alles Friede, Freude, Haselnusscreme ist.“ Oder: „Aber ich will doch für Kinder schreiben!“
Der Schreiblehrer bleibt dabei: Steine müssen dem Protagonisten im Weg liegen, Streit soll er haben und am besten auch noch mit sich selbst hadern.
Dass konfliktreiche Geschichten bereits bei Dreijährigen gut ankommen, beweist der Kurzfilm „Für Hund und Katz ist auch noch Platz“, der auf einem Bilderbuch von Axel Scheffler und Julia Donaldson beruht.
Konflikt 1: Die Hexe fliegt mit dem Besen, verliert ihren Zauberstab und muss landen, um ihn zu suchen.
Konflikt 2: Sie bekommt Hilfe von netten Tieren, doch die wollen mitfliegen. Soll sie es erlauben, selbst, wenn der Besenstil durchhängt und zu brechen droht?
Konflikt 3: Das Haustier der Hexe ist eifersüchtig. Mit jedem Tier, das die Hexe mit auf den Besenstil nimmt, muss es aufrücken, um Platz zu machen.
Konflikt 4: Der Besenstil bricht. Die Tiere landen im Schlamm.
Konflikt 5: Die Hexe ist nun allein und steht einem Drachen gegenüber, der sie fressen will.
Weshalb diese Geschichte trotzdem harmonisch ist? Weil die Tiere zusammenhalten und den bösen Drachen gemeinsam in die Flucht schlagen. Denn genau das ist es, was eine harmonische Geschichte ausmacht: Der Protagonist hat Verbündete, die sich gemeinsam mit ihm dem Antagonisten entgegenstellen. – Ein Autor, der harmonievolle Geschichten erschaffen will, schickt dem in Not geratenen Protagonisten Hilfe. Zuvor darf er aber nicht vergessen, ihn in Not zu bringen.
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